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MorphologieUm einigermaßen sicher zu sein, dass ein Satz richtig erschlossen worden ist, genügt es oft nicht, die Wortstämme erkannt zu haben und einen überzeugenden Satz daraus konstruiert zu haben. Viele Stämme können zu verschiedenen Wortarten gehören, selbst für die Identifikation von Verb und Subjekt sind daher morphologische Grundkenntnisse hilfreich. Die meisten germanischen Sprachen haben im Laufe der Geschichte ihr grammatisches System stark reduziert, aus der Sicht des verhältnismäßig komplexen Deutschen ist die Analyse reduzierter grammatischer Systeme wie im Englischen oder Dänischen einfacher als umgekehrt. Bei den Substantiven unterscheidet neben dem Deutschen lediglich das Isländische unterschiedliche Fälle, die übrigen Sprachen markieren nur den Genitiv zur Anzeige von Besitzverhältnissen mit einem angehängten -s. Auch das Formeninventar für den Plural ist in diesen Sprachen begrenzt, die meisten Formen (-s, -e ,-en, -er, Plural ohne Endung) existieren auch im Deutschen für die Pluralbildung, lediglich das Schwedische verfügt mit -or und -ar über Formen, die aus dem Deutschen nicht bekannt sind. Wie im Englischen gibt es auch weniger oder keine unterschiedliche(n) Endungen für Person / Singular-Plural bei den Verbformen. Besondere Aufmerksamkeit verdient allerdings der bestimmte Artikel in den skandinavischen Sprachen. Er wird hier an das Substantiv angehängt: Milgramexperiment-et 'das M.' (gegenüber unbestimmt: ett ... experiment 'ein Experiment'), chock-en 'der Schock', gräns-en 'die Grenze', kandidater-na 'die Kandidaten'.Die Verwechslung mit einer Pluralendung liegt bei -(e)n nahe, der Plural wird jedoch in den skandinavischen Sprachen in den meisten Fällen durch -er (-ar, -or) markiert (auktoritet-er, kandidat-er, försöksperson-er-na). Bei syfte-n ist das -n allerdings Pluralendung. Außerdem ist im Vergleich zum Deutschen die Bildung des Passivs ungewohnt, die mit ans Verb angehängtem -s geschieht, wie in beskrev-s ("beschrieb-s" - die Entstehung aus "beschrieb sich" ist noch zu ahnen) - 'wurde beschrieben'. Vergangenheitsformen der Verben werden im Deutschen durch Veränderung des Vokals oder durch Anhängen einer Nachsilbe (-te) gebildet. Diese beiden Möglichkeiten gibt es auch in den anderen germanischen Sprachen (statt -te steht dort großenteils -de). Dass wechseln kann, ob bei einem Verb die eine oder die andere Bildungsweise verwendet wird, ist schon bei einigen deutschen Verben zu beobachten (back-te / buk). So muss man auch damit rechnen, dass es hierin Unterschiede von Sprache zu Sprache gibt, wie bei slut-ade gegenüber dt. schloss (zu -a- vgl. das -e- in dt. rett-ete)..
Zum genauen Erkennen der einzelnen Wortformen des schwedischen Beispieltextes hilft schließlich auch noch die Kenntnis der Endungen -t an
Adjektiven (bei Bezugswort im Neutrum: psykologisk-t experiment)
und -a (im Infinitiv der Verben: skad-a 'schaden'). |